ADS oder ADHS zeigt sich in ganz unterschiedlichen Ausprägungen, keins ist wie das andere. Warum ist das so? Es ist zwar bis heute nicht möglich genau zu sagen, auf welche Ursachen dieses sogenannte Syndrom zurückgeht, aber es lässt sich beobachten, wie sich die Symptome ganz unterschiedlich gestalten. Wobei auch festgestellt ist, dass bei Jungs und Männern die Hyperaktivität häufiger vorkommt als bei Mädchen und Frauen. So zeigen Mädchen und Frauen oft eher unauffällige Symptome.

Wie ist es mit der Hyperaktivität?

Menschen ohne Hyperaktivität können sich schnell in Gedanken verlieren, alles vergessend vor sich hin träumen, und zwar über einen langen Zeitraum und haben Schwierigkeiten, Prioritäten zu setzen. Diese Schwierigkeiten können sich auf ihre Schulleistungen, ihre Arbeit und ihre Beziehungen auswirken.

ADS zu haben, also ohne das H, muss nicht bedeuten, dass die Hyperaktivität nicht vorhanden ist, sondern die Richtung ist eine andere. Hyperaktivität fällt auf, zeigt sich im Außen, so wird sie in der Regel wahrgenommen. Aber es gibt auch Hyperaktivität, die nach innen gerichtet ist. Das ist häufig bei Mädchen und Frauen der Fall, sie fallen deshalb nicht so auf und darin liegt auch begründet, dass sie „unterdiagnostiziert“ sind (es gibt eine hohe Dunkelziffer). Zudem sind weibliche Betroffene häufig von Kindheit an bemüht, Symptome zu kaschieren, um nicht aufzufallen.

Hyperaktivität kann sich also auch in Form von so gut wie ständiger innerer Unruhe manifestieren. Diese Unruhe kann zu Schwierigkeiten führen, sich zu entspannen, Schlafstörungen und sogar Angstzustände können sich entwickeln. Das erhöhte Risiko für Angststörungen liegt an der Schwierigkeit, mit stressigen Situationen umzugehen und die eigenen Gefühle zu regulieren.

Eine häufige Angststörung, die bei Menschen mit AD(H)S auftreten kann, ist die generalisierte Angststörung. Diese zeigt sich oft durch anhaltende und übermäßige Sorgen über verschiedene Dinge im Leben, wie zum Beispiel Beziehungen, Gesundheit, Arbeit oder Schule. Körperliche Symptome wie Muskelverspannungen, Schlafstörungen und Reizbarkeit sind auch zu nennen.

Des Weiteren kann man von sozialen Angststörungen betroffen sein, Angst vor sozialen Situationen und Befürchtungen beurteilt oder abgelehnt zu werden. Betroffene können sich unwohl fühlen, wenn sie im Mittelpunkt stehen oder in einer Gruppe sprechen müssen.

Eine dritte Angststörung ist die Panikstörung. Menschen mit Panikstörung haben oft plötzliche und unerwartete Anfälle von intensiver Angst, die von körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Schwindel und Atemnot begleitet sein können.

Die ständige Suche nach Stimulation.

Das Gehirn von uns Menschen mit ADS/ADHS produziert weniger Neurotransmitter wie Dopamin und Noradrenalin. Diese Neurotransmitter sind wichtig für die Regulierung von Aufmerksamkeit, Motivation und Emotionen. Wenn das Gehirn zu wenig Dopamin und Noradrenalin produziert, fühlt man sich oft unruhig und ungeduldig und das Halten der Aufmerksamkeit auf eine Sache ist äußerst schwierig, außer sie ist mit großem Interesse und Begeisterung verbunden (dazu ein anderes Mal mehr).

Der  Mangel an Neurotransmittern bewirkt, dass wir Menschen mit AD(H)S oft auf der Suche nach Stimulation sind. Auch das gestaltet sich ganz unterschiedlich, besonders ob mit externer oder innerer Hyperaktiviät. Bei im Außen gelebter Hyperaktivität kann es dazu führen, sich stark impulsiv zu verhalten und Risiken einzugehen. Einerseits kann es dazu führen, unvorsichtige Entscheidungen treffen oder sich in gefährliche Situationen begeben. Andererseits werden bestimmte Herausforderungen übermäßig  gut bestanden, was zum Beispiel für einige Berufe gefragt ist. So kann in Risikoberufen die persönliche Erfüllung gefunden werden. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass Menschen mit AD(H)S in Notsituationen in der Lage sind, beherzt und schnell zu handeln. Sie wissen was zu tun ist und haben den erforderlichen Überblick.

Während Menschen mit ADHS eher impulsiv und risikobereit sind und oft nach Geselligkeit und sozialen Interaktionen suchen, um sich selbst zu stimulieren, suchen Menschen mit ADS eher nach körperlicher oder intellektueller Stimulation.

Dazu können Aktivitäten wie Sport, Computerspiele oder auch das Lesen von Büchern gehören. Auch, sich für bestimmte Themen oder Hobbys begeistern, die ein tieferes Verständnis oder eine größere Wissensbasis vermitteln. Kreativer Stimulation kann in künstlerischen Aktivitäten wie Malen, Schreiben oder Musik gefunden werden. Das ist ja an sich nicht schlecht und eine positive Art Stimulation zu finden, es kann jedoch dazu führen, Aufgaben und die Konzentration auf wichtige, erforderliche Dinge im Alltag zu vernachlässigen.

Eine gute Lösung ist, die Bedürfnisse nach Stimulation zu erfüllen, ohne dabei die eigenen Verantwortlichkeiten zu vernachlässigen. Hilfreich ist, die eigenen Interessen in die täglichen Aufgaben zu integrieren. Um ein Beispiel zu nennen, kann das Lesen eines Buches in einer Sprache, die man lernen möchte, eine gute Möglichkeit sein, das Gehirn zu stimulieren, während man gleichzeitig seine Sprachkenntnisse verbessert. Eher introvertierte Menschen mit ADS können einen Ausgleich einer ruhigen Umgebung finden, in der sie sich entspannen und erholen können. Sie können sich für Yoga oder Meditation interessieren, um ihre körperliche und geistige Gesundheit zu fördern.

Wieder zurück zum Thema der Unterschiedlichkeit,  die Bedürfnisse nach Stimulation sind bei jedem Menschen individuell ausgeprägt. Einige benötigen mehr Stimulation als andere. Es ist überaus hilfreich, individuelle Strategien zu entwickeln, die den spezifischen Bedürfnissen entsprechen. Hilfreich sind sich bewusst und regelmäßig „stimulifreie“ Tage als Auszeiten, um Körper, Geist und Seele zu regenerieren und Ruhe in unser ganzes System einziehen zu lassen.

Es gibt aber auch noch Mischform, bei der sich hyperaktive Tendenzen zeigen, aber nicht permanent präsent sind. Auch hier liegen sehr individuelle Ausprägungen vor.

Warum AD(H)S sich so unterschiedlich ausprägt

Jeder Mensch wird durch seine Sozialisation tiefgreifend geprägt. In den ersten 5 bis 6 Lebensjahren nimmt ein Kind alles für wahr, was ihm gesagt und gezeigt wird. Das hat einen großen Einfluß auf das eigene Weltbild und die Selbstwahrnehmung. Desweiteren gibt es unterschiedliche Interessen, zu denen man sich hingezogen fühlt und auch der innere Persönlichkeitskern jenseits der Sozialisation, das was wir mitbringen in dieses Leben, ist ja bei jedem Menschen höchst individuell, ja einzigartig. Traumatische Erfahrungen in der Kindheit sind nicht selten und auch sie tragen zu der Art und Weise, wie sich die AD(H)S Symptome manifestieren in einem hohen Maß bei. Die Symptomatik hat viele Abstufungen in den einzelnen Symptom-Bereichen und genauso in der Schwere der Ausprägung.

Es ist nicht selten, dass es sich dahin entwickelt, kein AD(H)S zu haben, sondern AD(H)S zu sein!

Weißt Du, was ich meine? Du steckst so tief in immer den gleichen frustrierenden Erfahrungen fest und es bleibt keine Kraft, keine Zeit und auch kein gutes Gefühl mehr für Dich, wer Du außerhalb des AD(H)S bist.

Wenn Du erkennst und vor allem auch mit Deinen Gefühlen erlebst, dass Du sehr viel mehr als dein AD(H)S bist, dann fängt dein Herz an zu hüpfen, du hast mehr Zeit, Energie, mehr Selbstbewusstsein und fühlst dich sehr viel besser. Auch Deine Stimmung ist sehr viel mehr und öfter ausgeglichen.

Wenn Du erkennen möchtest, wer Du hinter Deinem ADHS bist, brauchst Du die Klarheit. Zu wissen, welche Strategien wirklich hilfreich für Dich sind, dann ist es auch die Klarheit, die Dich zu mehr Freiheit führt. Und darüber hinaus zu mehr Leichtigkeit und Freude.

Ein paar Worte zu mir

Ich selbst habe ADS und meine Hyperaktivität ist nach innen gerichtet. Meine Sozialisation und traumatische Erfahrungen in der Kindheit haben zu den typischen oben beschriebenen Angststörungen in meiner Kindheit und Jugend beigetragen, zunächst durch die soziale und dann in der Jugend hinzukommend die Panikstörung. Die Frage bleibt offen, diese auch ohne ADS entstanden wären.

Aus meinen Kindheitserfahrungen resultiert auch meine Introvertiertheit. Dazu hat zudem meine Hochsensibilität beigetragen. Hochsensible Menschen sind in der Regel zumeist introvertiert, nur wenige sind extrovertiert. Man kann aber auch ambivertiert sein, das ist bei mir der Fall, zumindest hat sich das im späteren Erwachsenenalter herausgeschält, nachdem ich meine Ängste und extreme Schüchternheit überwunden habe. In bestimmten Situationen bin ich zeitweise extrovertiert, besonders was mein berufliches Wirken angeht. Meine Introvertiertheit, meine Verunsicherungen durch das ADS, meine traumatischen Kindheitserlebnisse und meine Hochsensibilität haben letztlich auch meine Hellfühligkeit ausgebildet oder vielleicht auch nur für mich zugänglich gemacht.

Ich kann auch ein richtiger Stimulations-Junky sein und muss mich selbst immer wieder ausbremsen und anhalten. Wie nicht anders zu erwarten geht die Stimulationssuche bei mir nach innen. Ich bin sehr wissensdurstig und vielseitig interessiert, wodurch sich immer mehr mein inneres Hellwissen ausgebildet hat. Gleichzeitig bin ich auch eine sogenannte „Scannerpersönlichkeit“ durch viele verschiedene Talente und Interessen und das gibt meiner Suche nach Stimulation ganz viel Nahrung.

Alles nur das Syndrom?

Und schließlich noch die Frage nach dem Kern der eigenen Persönlichkeit, die ich in dieses Leben mitgebracht habe. Ich sage es mal so, in allem was ich hier über mich beschrieben habe, ist ein Teil davon in meinem Persönlichkeitskern. Das ist im letzten Schluss auch logisch im Hinblick auf das Gesetz der Anziehung. Und was ich auch ganz deutlich erlebe, ist, dass mein tiefer, innerer Kern all diese Persönlichkeitsanteile (wir alle haben mehrere) vereint und nach einem harmonischen Tanz strebt. Mit dem, was ich über mich geschrieben habe, möchte ich darauf hinweisen, wie alles in uns zusammen hängt. Auch, dass es möglich ist vieles zu integrieren und wie sehr dies zu einem positiven Lebensgefühl beiträgt.

Ich bin mal gespannt, ob Du es geschafft hast, Dich durch diesen langen Text zu arbeiten und mit mir bei diesen letzten Zeilen angekommen bist. Wenn ja, dann lass es mich in einem Kommentar hier unter dem Blogartikel wissen. Das würde mich wirklich von Herzen freuen.

Dieser Artikel entbehrt  in Bezug auf die Symptomatik von AD(H)S der Vollständigkeit. Ich möchte mit diesem Artikel bestimmtes aufzeigen, aber kein vollständiges Symptombild zeichnen.

Wenn Dich meine Gruppe für Frauen mit ADHS interessiert, in der ich regelmäßig Tipps gebe und Du Deine Fragen stellst, komme gerne hinzu.

https://www.facebook.com/groups/ayoka.frauen.mit.adhs

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